Reputationsrecht – Schlechte Google Rezensionen löschen
Google-Rezensionen oder Bewertungen auf anderen Plattformen werden für Unternehmen immer wichtiger. Bewertungen eines Produkts oder einer Dienstleistung sind absolut kaufentscheidend. Daher ist für den Erfolg eines Unternehmens eine professionelle und juristisch einwandfreie Reputationsstrategie entscheidend. Die Gerichte weltweit haben sich seit einiger Zeit mit Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadensersatzansprüchen hinsichtlich solcher Bewertungen zu beschäftigen.
Reputation extrem wichtig, was tun? Was sagt die Rechtsordnung?
In diesem Artikel diskutieren wir die Möglichkeiten mit negativen Google Bewertungen (nach deutschem Recht) umzugehen. Die Sach- und Rechtslage lässt sich auch auf andere Bewertungsportale (Hotels oder Ärzte) übertragen. Grundsätzlich sind Bewertungsmöglichkeiten auf Websiten erlaubt und erwünscht. Es entsteht ein Dreiecksverhältnis mit unterschiedlichen rechtlichen Pflichten.
Dreiecksverhältnisse sind immer schwierig
Zum einen gibt es jemanden, der einen anderen bewertet. Derjenige, der bewertet, unterliegt rechtlichen Regeln und haftet für seine Aussagen voll. Dann tritt derjenige, dazwischen, der die Bewertung ermöglicht. Dieser kann, aber er muss nicht haften.
Technik ist unschuldig – Täter haften – und „Gastwirte“ des Internets haften manchmal
Ein Beispiel nach der Entscheidung des Bundesgerichtshof (Urteil vom 01.03.2016 – VI ZR 34/15). Ein erfolgreicher Zahnarztunternehmer ist genervt von einer Internetbewertung auf dem Portal Jameda.de und geht dagegen vor. Der eigentliche Täter ist tatsächlich oder juristisch nicht greifbar. Das Gericht hat anderweitig festgelegt, dass ein Portal die Daten des Täters nicht nennen muss. Nun kann der betreffende Zahnarzt schlecht verlangen, dass das Internet abgestellt wird, denn sogenannte Access-Provider haften nicht. Diese vermitteln nur den Zugang zu Drittinhalten. Bei ihnen handelt es sich in der Regel um Anbieter von Internetdiensten, die Kunden einen Internetanschluss zur Verfügung stellen. Um einen Content-Provider, der voll haftet, handelt es sich auch nicht. Dann wäre die Vorausaussetzung, dass es sich um eigene Inhalte von Jameda.de handelt oder diese zumindest redaktionell bearbeitet werden. Das ist dann der Fall wie bei Marions-Kochbuch (Urteil vom 12.11.2009 – I ZR 166/07 des Bundesgerichtshof), wenn sich die Bewertung der Betreiber der Website zu eigen macht. Es handelt sich um eine Zwischengruppe, die sogenannten Host-Provider. Hier handelt es sich nicht nur um technische Dienstleister oder denjenigen, der Inhalte erstellt oder sich zu eigen macht. Es handelt sich um Plattformen, die es Nutzern ermöglichen, eigene Inhalte auf der Plattform hochzuladen (sog. User Generated Content). Die bekanntesten Beispiele dürften Video-Plattformen (YouTube) und Soziale Netzwerke (Instagram) sein, aber auch Foren und Blogs mit Kommentarfunktion oder Seiten mit Bewertungsfunktionen wie Google. Es sind sozusagen „Gastwirte“ des Internets, die ihren Gästen eine Bühne bieten.
Online-Bewertungen – wie funktionieren diese?
Google Bewertungen erfolgen meistens auf der Google-My-Business Plattform, die von Google bereitgestellte Plattform, die verschiedene Dienste des Konzerns bündelt und Ihnen als User mithilfe des Dashboards den direkten Zugriff darauf ermöglicht. Juristisch wird unterschieden bei Bewertungen zwischen Meinungsäußerungen und Tatsachenbehauptungen.
Zulässige Meinungsäußerungen und falschen Tatsachenbehauptungen
Bei Bewertungen muss zwischen Tatsachenbehauptungen („Mein Rechtsanwalt hat Haarausfall“) und Meinungsäußerungen („Ich finde den Haarschnitt meines Rechtsanwalts hässlich“) unterschieden werden. Eine lediglich wertende Meinungsäußerung ist grundsätzlich immer erlaubt und auch verfassungsrechtlich durch die Meinungsfreiheit geschützt, sofern es sich nicht um eine „Schmähung“ oder eine „Formalbeleidigung“ handelt. Wenn es sich um Behauptungen handelt, die man auch beweisen kann, spricht man von Tatsachenbehauptungen. Diese sind nur zulässig, wenn sie auch wahr sind. Wenn das nicht der Fall ist, kann man sich als betroffene Person bzw. betroffenes Unternehmen auf verschiedene Wege wehren. Es gibt selbstverständlich Mischformen und die Bücher über die Frage, was eine Beleidigung ist, füllen ganze Buchregale. Außerdem unterliegen Beleidigungen und deren Umgang damit dem Zeitgeist.
Formalbeleidigung oder Schmähung (OLG Koblenz, Beschl. v. 12.7.2007– 2 U 862/06)
Unzulässig sind sog. Schmähkritiken, also Werturteile, die jeder sachlichen Grundlage entbehrende, böswillige oder gehässige Schmähungen enthalten. Erst wenn die Diffamierung einer Person im Vordergrund steht und nicht mehr die Auseinandersetzung mit der Sache, wird diese Grenze überschritten. Dementsprechend seien Werturteile von dem Recht zur freien Meinungsäußerung gem. Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG gedeckt, soweit sie nicht zugleich darauf gerichtet sind, die Persönlichkeit herabzusetzen oder formal zu beleidigen. Oder es handelt sich um Formalbeleidigungen, weil sich die Beleidigung nicht aus dem Inhalt, sondern schon aus der Wortwahl ergibt („Sie sind ein Idiot“).
Bewertungsbeispiele bei Google my business
Neben den juristischen Definitionen gibt es Tipps, wie man mit Bewertungen umgehen soll. Eine Internet-Agentur aus Österreich namens adsimple hat sich damit vertieft beschäftigt. Zitate sind kursiv.
„Die zwei Arten der Negativ-Bewertungen
Diese Agentur unterscheidet grundsätzlich zwei Arten von negativen Bewertungen. Beide Arten verlangen unterschiedliche Strategien. Auf jeden Fall sollten Sie, sobald Sie eine negative Google-Kritik entdecken, umgehend darauf reagieren. Juristisch ist es erforderlich dass Internet selber zu prüfen, weil die Host-Provider keine eigene Vorab-Prüfungspflicht haben. Diese haften nur als Störer. Als Störer haftet, wer in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal an der Herbeiführung oder Aufrechterhaltung einer rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat. Um diese Haftung jedoch nicht über Gebühr auf unbeteiligte Dritte zu erstrecken, wird vorausgesetzt, dass technisch mögliche, rechtlich zulässige und zumutbare Prüfpflichten verletzt wurden. Beispiel: Jemand schreibt eine Bewertung über Dr. Schulte – „er hat schöne Haare“. Der Bewerter ist nicht greifbar, weil er Richtung Mond geflogen ist. Das Internetportal ist dann Host-Provider und haftet nur als Störer, weil es nicht selber gehandelt hat, aber dem Dritten die Möglichkeit eingeräumt hat, eine Bewertung als Gast zu hinterlassen.
1) Die konstruktive Negativ-Bewertung
Eine konstruktive und gut begründete negative Google-Rezension bringt in vielen Fällen Ihrem Unternehmen sogar mehr als eine positive Bewertung. Solch eine Bewertung bringt oft Fehler und verbesserungswürdige Bereiche in Ihrem Unternehmen ans Tageslicht. Da handelt es sich oft um Probleme im Kundenservice, um Produktmängel oder um die Qualität einer Dienstleistung. In all diesen Fällen können Sie sofort überprüfen, ob der User hier tatsächlich etwaige Mängel in verschiedenen Bereichen Ihres Angebots festgestellt hat. Reagieren Sie darauf und verbessern sie Ihr Angebot. Juristisch handelt es sich bei der Äußerung des Dritten auf der Internetseite von Google oder anderen Host-Providern um eine zulässige Meinungsäußerung nach Art. 5 des Grundgesetzes (Meinungsfreiheit) oder um eine richtige Tatsachenbehauptung. Beispiel einer Bewertung, die richtig ist: „Bei Rechtsanwalt Dr. Schulte gibt es vor Ort wenig Parkplätze“
Wie gehen Sie mit einer konstruktiven Negativ-Bewertung um?
Ein User hat eine negative Bewertung abgegeben und Ihnen auf diese Weise geholfen, Ihr Unternehmen zu verbessern. Antworten Sie dem User und bedanken Sie sich für das aufrichtige Feedback. Wenn Sie die Kritikpunkte in Ihrem Business abgearbeitet haben, bitten Sie den User um eine Änderung seiner ursprünglichen Google-Rezension. Das zeigt einerseits, dass Sie die Kritik sehr ernst genommen haben und andererseits erhalten Sie vermutlich nun eine bessere Bewertung.
2) Die destruktive Negativ-Bewertung
Jetzt betreten wir das Feld der „Hater“, „Cheater“ und ich weiß nicht wie man diese Leute noch nennen kann. Diese destruktiven Bewertungen sind problematisch, weil hier tatsächlich das Image eines Unternehmens ohne ersichtlichen Grund Schaden erleidet. Bei Usern, die solche Bewertungen abgeben, kann es sich einfach um Personen handeln, die meist in anonymer Form ihren Ärger freien Lauf lassen. Aber es kann auch eine bewusste Systematik dahinterstecken, die ein geschäftsschädigendes Ziel verfolgt. Hierbei handelt es sich meist um Mitbewerber, die sich so einen Wettbewerbsvorteil erhoffen. Wenn man mehrere Bewertungen dieser Art über sein eigenes Unternehmen lesen muss, dann sitzt man oft sprachlos und planlos vor dem Bildschirm und denkt sich: „Was soll der Unsinn und was soll ich machen?“ Die gute Nachricht ist: man kann was dagegen tun. Man muss sich so etwas nicht gefallen lassen!
Was tun gegen destruktive Negativ-Bewertungen?
Im Folgenden zeigen wir Ihnen mögliche Varianten, wie Sie als Unternehmer mit rufschädigender Kritik umgehen können. Es ist nicht immer ganz einfach zu entscheiden, wie man jetzt im konkreten Fall gegen solche rufschädigenden und unwahren Kommentaren vorgehen soll. In vielen Fällen ist Fingerspitzengefühl gefragt und eine kleine „Kosten/Nutzen“-Kalkulation ist sicher auch nie verkehrt.
Variante 1: Kommunizieren Sie mit Ihren Usern
Ein offener Diskurs mit offener Kommunikation ist immer gut. Auch wenn man oft das Gefühl hat, man kämpft gegen Windmühlen. Selten aber doch erkennt ein User seinen Fehler und korrigiert die Bewertung. Doch öfter ist bei vielen Usern „Einsicht“ ein Fremdwort. Lassen Sie sich nicht auf Detailkonversationen und Rechtfertigungen ein, das geht in den meisten Fällen in die Hose bzw. erzielt keinen Nutzen und kosten viel Zeit und Ärger. Versuchen Sie zu kommunizieren und wenn Sie merken hier sprechen Sie gegen eine Wand, dann ändern Sie Ihre Strategie und gehen zu Variante 2 über.
Variante 2: Melden Sie die Bewertung bei Google
Es gibt die Möglichkeit, negative Bewertungen Google zu melden. Das macht nur Sinn, wenn es auch realistisch ist, dass Google eingreift. Dafür muss eine Rezension eindeutig gegen die eigenen Google-Richtlinien verstoßen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn Erfahrungsberichte nicht stimmen bzw. gefälscht sind, die Bewertung nichts mit dem Unternehmen zu tun hat oder die Bewertung Personen beleidigt.“ Juristisch müssen Sie die negative Bewertung melden, weil Google nur als Host-Provider (also Gastgeber) haftet und daher nur Störer ist und nicht Täter.
Wie melde ich eine Google-Bewertung?
- Gehen Sie direkt auf die entsprechende Bewertung und klicken Sie rechts oben auf die 3 Punkte (“Typing Indicator”)
- Klicken Sie anschließend auf das Feld „Rezensionsaktion“
- Hier klicken Sie auf „Als unangemessen melden“
- Unter „Richtlinienverstoß melden“ geben Sie Ihre E-Mail-Adresse ein und wählen die Art des Verstoßes.
- Jetzt klicken Sie noch auf „Senden“ und schon wird „Anzeige/Meldung“ von Google überprüft.
Variante 3: Holen Sie sich ausgewogenen Kundenbewertungen
Unternehmen dürfen sich echte Kundenbewertungen beschaffen, aber nicht kaufen. Hier ist ehrliches Verhalten angezeigt. Wer mit Fake-Bewertungen arbeitet handelt rechtswidrig, kann abgemahnt oder sogar bestraft werden. Die Hintergründe habe ich hier geschildert: https://www.dr-schulte.de/2022/03/15/reputationsrecht-fakebewertungen-verboten-abmahnungen-drohen/
Variante 4: Rechtliche Schritte einleiten
Das Landgericht Hamburg hat Internet-Agenturen verboten, Google Löschungen anzubieten (LG Hamburg, Urteil vom 28.06.2019 – 315 O 255/18), weil es sich um Rechtsdienstleistungen handelt. Zulässig ist nur ein Beistand durch einen Rechtsdienstleister wie einen Rechtsanwalt.
Tipps und Tricks – Fazit
- Beweise sichern – also Screenshot anfertigen
- Nicht selber manipulieren – Fakebewertungen sind verboten
- Überlegen, bevor gehandelt wird
- Rechtslage checken
Die Marktwirtschaft wünscht Kommunikation und Austausch von Kundenmeinungen. Deshalb sind Bewertungen und Bewertungsportale wichtig. In den nächsten Jahren will die europäische Union das Recht europaweit harmonisieren und will die Rechtsgrundsätze, die Deutschland in diesem Bereich entwickelt hat, übernehmen. Art 5 des Entwurfs des Digital Service Acts übernimmt das Modell die Haftung (Host-Provider müssen als Gastwirte des Internets nicht vorab prüfen und müssen nur bei Information über Rechtswidrigkeit einschreiten). Es hilft alles nichts…. Kommentare und Bewertungen, ob falsch oder richtig, werden uns erhalten bleiben.
V.i.S.d.P.:
Thomas Schulte
Rechtsanwalt
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